Arbeitstreffen ‚Hamburg für Gute Integration’ (HGI/IFI) mit der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) am 14.11.2017

Thema: 

Hamburger Integrationskonzept 2017

 

Ergebnisse:

Zentrale Forderung des Bürgervertrages nicht erfüllt!

• Senat, Behörden und Bezirksämter setzen den Vertrag mit HGI aus dem Sommer 2016 nicht konsequent um! 

 

 

 

Feststellungen:
 Auch das letzte Arbeitstreffen zwischen HGI / IFI und der BASFI konnte die zentralen Konfliktpunkte nicht ausräumen:

-      Eine Zentrale Koordinierungsstelle für Integration (ZKI) wurde nicht eingerichtet.

-      Die Qualität der Integrations-Indikatoren ist häufig nicht ausreichend.

-      Der Planungshorizont bis 2018 ist zu eng gesteckt. Als Begründung werden die Bürgerschaftswahlen im Frühjahr 2020 genannt.

-      Einen Masterplan Integration gibt es nicht.

-      Der in Aussicht gestellte Übergang von öffentlich-rechtlichen Unterkünften (örU) in normales Wohnen stellt angesichts des Wohnungsmangels und des weiteren Rückgangs von Sozialwohnungen (bis 2021 auf ca. 60.000 WE) keine realistische Perspektive dar.

-      Der Bürger-Beteiligungsprozess verläuft unzureichend.

1. Ambivalente Zwischenbilanz

HGI / IFI zieht ein ambivalente Zwischenbilanz. Auf der einen Seite teilt HGI/IFI die folgende positive Beurteilung des Integrationskonzeptes 2017 durch den Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR)[1]:

„Die Kombination einer umfassenden Darstellung der Maßnahmen und Ziele der Integrationspolitik mit der Formulierung von überprüfbaren Zielwerten ist einzigartig im Bundesvergleich. Hamburg ist damit Vorreiter eines neuen Steuerungsverständnisses, bei dem sich die Politik an konkreten selbstgesteckten Zielen messen lässt.“

Auf der anderen Seite hat das Gutachten HGI /IFI in seinen Kritikpunkten und Forderungen bestätigt.

2. Zentrale Koordinierungsstelle für Integration (ZKI)

„Mittelfristig ist zu überlegen, inwieweit eine behördenübergreifende Lenkungs- oder Arbeitsgruppe als ständiges Forum, in dem migrations- und integrationspolitische Themen fachkundig beraten werden und das über eine gewisse Entscheidungskompetenz – und dadurch Verbindlichkeit – verfügt, sinnvoll ist.“  (SVR-Gutachten,Seite 10)

Das kommt dem von IFI geforderten Zentralen Koordinierungsstelle für Integration (ZKI) bereits nahe, nennt sich nur „behördenübergreifende Lenkungs- oder Arbeitsgruppe“. Im Gespräch mit der BASFI wurde Einigkeit erzielt, dass der bestehende ‚Zentrale Koordinierungsstab Flüchtlinge’ (ZKF) die geforderte Funktion nicht ausfüllen kann.

3. Die Qualität der Integrations-Indikatoren ist häufig nicht ausreichend.

Diese Indikatoren sind allerdings nicht immer überzeugend, es fehlten z. B. Bezugsgrößen.
SVR schreibt zu Recht:

„ Als Planungsgrößen für Politik und Verwaltung, anhand derer Budget und Ressourcen bemessen werden, sind diese Zahlen sinnvoll und notwendig, als Zielbestimmung in einem Integrationskonzept sind sie dagegen nur begrenzt geeignet. … Der festgesetzte Wert hat daher den Charakter einer Prognose und nicht den eines politischen Zieles. “ (SVR-Gutachten, Seite 12)

Die Integrationsindikatoren sind ein zentrales Steuerungselement. Hier ist eine unmittelbare Nachbesserung erforderlich.

4. Der Planungshorizont ist in aller Regel nicht 2025 – Masterplan Integration

„Im Entwurf werden für fast alle Indikatoren die Werte der Jahre 2014, 2015 und 2016 angegeben (…), daneben wird ein Zielwert für 2018 festgelegt. Dieser (relativ kurze) Zeithorizont erklärt sich aus der Wahlperiode in Hamburg: Die Zielerreichung soll noch vor der nächsten Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2020 überprüft werden. Allerdings sind innerhalb dieses kurzen Zeitraumes kaum tiefgreifende, nachhaltige Veränderungen besonders der strukturellen Ergebnisindikatoren zu erwarten, die Zielwerte bewegen sich daher in der Mehrheit etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Der kurze Zeithorizont bei der Zielwertformulierung schränkt die Steuerungswirkung des Integrationskonzeptes damit bereits ex ante ein. Es ist daher sinnvoll, für ausgewählte Indikatoren auch mittel- und langfristige Ziele zu formulieren, wie es mit den Masterplankennzahlen für 2025 geschieht.“  (SVR-Gutachten, Seite 16)

Auch die ausgewählten Indikatoren sind Zielvorgabe eines Masterplans Integration und müssen bis 2025 / 2030 bestimmt werden.

5. Übergang von örU in normales Wohnen ist nicht absehbar

Der in Aussicht gestellter Übergang von örU in privatrechtliche Wohnverhältnisse stellt angesichts des Wohnungsmangels und des weiteren Rückgangs von Sozialwohnungen (z.Zt. rd. 80.000 bis 2021 auf ca. 60.000 WE) keine realistische Perspektive dar. Es ist daher zu befürchten, dass die Erstbewohner in den bisher geschaffenen örUs über unabsehbar lange Zeit bleiben werden müssen. Auch dieser Einschätzung von HGI/IFI hatte die Delegation der BASFI nichts entgegenzusetzen. Damit ist auch das Konzept der zeitlichen Begrenzung der örU in Mobilbauweise infrage gestellt. Wirtschaftlich und vor allem integrationspolitisch sinnvoller ist die Unterbringung in Festbauten mit der Perspektive Wohnen mit einer gemischten Belegung (unser ´Eppendorfer Konzept` [2]) und der Bleibeperspektive für Familien.

6. Der Bürger-Beteiligungsprozess verläuft unzureichend

Hinsichtlich des Beteiligungsprozesses stellt der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) als Gutachter richtigerweise fest:

„Das selbstgesteckte Ziel, das Beteiligungsverfahren transparent zu gestalten und Anregungen entweder aufzunehmen oder eine Ablehnung zu begründen („comply or explain“), konnte der Senat damit aus Sicht der Beteiligten nicht erreichen.“ (SVR-Gutachten, Seite 19)

 

Die Bewertung ist besonders problematisch, wenn Bürgerverträge nicht erfüllt werden. Dieser Umstand ist gegenüber der zuständigen Amtsleiterin in der BASFI an verschiedenen Beispielen belegt und auch anerkannt worden. Auch hier macht sich das Fehlen einer Instanz wie ein ZKI drastisch bemerkbar. Der deklaratorische Wille von Politik und Verwaltung zu Bürgerbeteiligung wird dann zu einer Farce.

 

 

 

Ansprechpartner für die Medien:

Klaus Schomacker

Tel.: 01578 / 3 28 55 55

klaus.schomacker@t-online.de

 

 

 

Download
PM_HGI-IFI_Gespräch-BASFI am 14.11.2017
Adobe Acrobat Dokument 256.2 KB